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Außerordentliche Kündigung

| Dr. Nils Bronhofer | Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung, informell auch fristlose Kündigung genannt, hat die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge. Die Hürden für diese Form der Kündigung sind sehr hoch – es braucht einen „schwerwiegenden Grund“. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie eine außerordentliche Kündigung funktioniert, welche Voraussetzungen gelten und was Sie tun können, wenn Sie eine außerordentliche Kündigung erhalten haben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Was ist das? Sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigungsfrist. Nur bei „wichtigem Grund“ und strengen Vorgaben.
  • Was tun? Zugang dokumentieren, nichts unterschreiben, Beweise sichern, Fachanwalt einschalten, fristgerecht bei der Arbeitsagentur melden.
  • Folgen & Hilfe: Arbeitsplatzverlust, mögliche Sperrzeit und schlechtes Arbeitszeugnis. Aber: Fachanwalt kann Kündigung anfechten, Abfindung verhandeln und Ansprüche sichern.

Inhaltsverzeichnis

Außerordentliche Kündigung – was tun?

Wenn Sie eine außerordentliche Kündigung erhalten haben, handeln Sie unbedingt sofort, denn die Frist innerhalb derer Sie dagegen vorgehen können, beträgt lediglich 3 Wochen ab Zugang des Schreibens. Folgendes sollten Sie tun:

  • Zugang & Frist notieren
    Schrieben Sie sich auf, wann Sie das Kündigungsschreiben erhalten haben (Datum und Uhrzeit). Bedenken Sie, dass Sie dies später möglicherweise belegen müssen. Machen Sie also am besten ein Foto beim Herausnehmen des Schreibens aus dem Briefkasten. Bewahren Sie auch den Umschlag auf.
  • Nichts unterzeichnen
    Unterschreiben Sie keinen Aufhebungsvertrag. Wenn nötig quittieren Sie lediglich den Empfang.
  • Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten
    Lassen Sie sich unbedingt von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten. Dieser kann bei einer außerordentlichen Kündigung das Maximum für Sie herausholen.
  • Beweise sichern
    Sammeln Sie Abmahnungen, E-Mails, Chat-Protokolle, Zeiterfassung, Zeugennamen und Schichtpläne – alles zentral.
  • Arbeitsuchend melden
    Melden Sie sich sofort, spätestens aber innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts bei der Agentur für Arbeit arbeitslos. Andernfalls besteht das Risiko einer Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld.
  • Organisatorisches
    Fordern Sie ein Zwischenzeugnis an, geben Sie Firmen-Equipment geregelt zurück und dokumentieren Sie offene Ansprüche wie Lohn oder Urlaub.

Expertentipp

„Viele außerordentliche Kündigungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Oft hat der Arbeitgeber keine milderen Mittel genutzt oder emotional überreagiert. Lassen Sie die Kündigung frühzeitig und professionell von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen.“

Was ist eine außerordentliche Kündigung?

Bei der außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB handelt es sich um die schärfste Form der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Eine außerordentliche Kündigung wird meist fristlos ausgesprochen. Das heißt: Der Job endet mit Zugang des Kündigungsschreibens. Im Unterschied zur ordentlichen Kündigung muss keine Kündigungsfrist eingehalten werden.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer außerordentliche Kündigung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Das bedeutet: Es muss ein Ereignis oder Verhalten vorliegen, das es derjenigen Partei, die die Kündigung ausspricht, unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis auch nur einen Tag länger fortzusetzen.

Wer kann eine außerordentliche Kündigung aussprechen?

Das Aussprechen einer außerordentlichen Kündigung ist nicht alleine dem Arbeitgeber vorbehalten. Auch Arbeitnehmer können das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen.

Voraussetzungen: Wann ist eine außerordentliche Kündigung erlaubt?

Eine außerordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • Wichtiger Grund:
    Es muss ein gravierender Vorfall vorliegen, der das Arbeitsverhältnis unzumutbar macht.
  • Keine milderen Mittel:
    Harmlosere Ansätze wie beispielsweise Abmahnung, Versetzung oder Umsetzung reichen nicht aus, um das Problem zu lösen.
  • Zwei-Wochen-Frist:
    Die außerordentliche Kündigung muss spätestens zwei Wochen nach Bekanntwerden des wichtigen Grundes ausgesprochen werden.
  • Schriftform:
    Die außerordentliche Kündigung bedarf der Schriftform. Das heißt: Mündliche oder elektronische Kündigungen etwa per E-Mail oder WhatsApp sind unwirksam.

Außerordentliche Kündigungsgründe:

  • Diebstahl, Betrug oder Unterschlagung
  • Körperliche Angriffe oder massive Beleidigungen
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung
  • Arbeitszeitbetrug
  • Schwere Verstöße trotz vorheriger Abmahnung
  • Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit
  • Geheimnisverrat

Gründe, aus denen Sie außerordentlich kündigen können:

  • Ausbleibende Lohnzahlung über einen erheblichen Zeitraum
  • Wiederholte und erhebliche Verspätung der Gehaltszahlung
  • Schwere Beleidigung oder Bedrohung durch den Arbeitgeber oder Vorgesetzte
  • Körperliche Angriffe durch Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen
  • Mobbing oder anhaltende Diskriminierung am Arbeitsplatz
  • Aufforderung zu strafbaren Handlungen (z. B. Steuerhinterziehung, Manipulation von Unterlagen)
  • Gefährdung der Gesundheit durch vorsätzliche Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch Arbeitgeber oder Kollegen
  • Eigenmächtige Änderung von Arbeitsvertrag, Gehalt oder Arbeitsort ohne Zustimmung
  • Unzulässige Arbeitszeitverlängerung ohne Ausgleich oder rechtliche Grundlage

Expertentipp

„Der Abmahnung kommt bei der außerordentlichen Kündigung eine besondere Bedeutung zu. Fehlt sie, ist die Kündigung oft angreifbar. Ohne Abmahnung wissen Arbeitnehmer häufig nicht, welches Verhalten der Arbeitgeber als so vertragswidrig betrachtet, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wird. Fehlt die Abmahnung, wissen Arbeitnehmer häufig nicht, wie sie sich zu verhalten haben. Eine Ausnahme sind nur besonders schwere Pflichtverletzungen, bei denen jedem klar ist, dass sie am Arbeitsplatz nicht erlaubt sind – zum Beispiel tätliche Angriffe oder Diebstahl.“

Ablauf einer außerordentlichen Kündigung

Nach besagtem Vorfall, der den „wichtigen Grund“ für die außerordentliche Kündigung darstellt, gilt eine Zwei-Wochen-Frist. Der Arbeitgeber prüft den Sachverhalt in der Regel erst einmal sorgfältig. Gibt es einen Betriebsrat, so muss auch dieser noch vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Erst dann wird das Kündigungsschreiben zugestellt beziehungsweise übergeben. Meistens endet das Arbeitsverhältnis dann sofort.

Folgen einer außerordentlichen Kündigung

Sobald der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben erhalten hat, endet das Arbeitsverhältnis. Er hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Zudem droht für den Fall, dass dem Arbeitnehmer „versicherungswidriges Verhalten“ unterstellt wird, eine Sperrfrist von bis zu 12 Wochen mit Blick auf das Arbeitslosengeld. Auch die Spuren, die eine außerordentliche Kündigung im Arbeitszeugnis hinterlassen kann, sind nicht zu unterschätzen. Diese können sich negativ auf künftige Bewerbungen auswirken.

Expertentipp

„Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis sofort beendet, ist die übliche Beendigung zum Monatsmittel oder Monatsende häufig nicht möglich. Zukünftige Arbeitgeber können also aus einem ungeraden Beendigungsdatum schließen, dass das Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung beendet wurde. Dies muss unbedingt vermieden werden, um Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu wahren. Häufig ist es für Arbeitnehmer daher schon allein aus diesem Grund attraktiv, eine außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umwandeln zu lassen.“

Was macht ein Fachanwalt bei einer außerordentlichen Kündigung?

  • Wirksamkeit prüfen: Liegt ein „wichtiger Grund“ nach § 626 BGB vor?
  • Formfehler aufdecken: Wurde die Schriftform einhalten? Wie hat der Arbeitgeber unterschrieben? Stimmt die genaue Bezeichnung des Arbeitnehmers?
  • Fristen kontrollieren: Hat der Arbeitgeber die Zwei-Wochen-Erklärungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB) eingehalten?
  • Betriebsratsanhörung prüfen: Wurde der Betriebsrat - falls vorhanden – ordnungsgemäß beteiligt (§ 102 BetrVG)?
  • Sonderkündigungsschutz abklären: Lagen besondere Umstände wie Schwangerschaft, Elternzeit oder Schwerbehinderung vor?
  • Kündigungsgründe anfordern: Schriftliche Begründung des Arbeitgeber für die außerordentliche Kündigung einholen.
  • Beweise sichern und bewerten: Was geben Dokumente, Zeugen und elektronische Daten her?
  • Kündigungsschutzklage einreichen: Innerhalb der 3-Wochen-Frist beim Arbeitsgericht.
  • Einstweilige Verfügung beantragen: Sofern seitens des Arbeitnehmers dringendes Weiterbeschäftigungsinteresse besteht.
  • Abfindungsverhandlungen führen: Taktisch günstige Vergleichsoptionen ausloten.
  • Ansprüche sichern: Restlohn, Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung.
  • Arbeitszeugnis durchsetzen: Inhalt und Form überprüfen und gegebenenfalls korrigieren lassen.
  • Vertretung vor Gericht: Argumentation, Beweisführung, Prozessstrategie.

Expertentipp

„Aufgrund der engen formellen Regeln machen Arbeitgeber bei außerordentlichen Kündigung häufig Fehler. Selbst dann, wenn ein zur Kündigung berechtigender Grund vorliegt, lassen sich solche außerordentlichen Kündigungen vor dem Arbeitsgericht häufig angreifen.“

Was kann ein Fachanwalt bei einer außerordentlichen Kündigung für mich erreichen?

Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht holt nicht selten mehr heraus, als betroffene Arbeitnehmer erwarten. So kann er außerordentliche Kündigungen mitunter vollständig verhindern, sodass das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder zumindest in ein reguläres Ende mit Kündigungsfrist umgewandelt wird. Häufig lassen sich dadurch auch besagte Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld vermeiden. Sollte eine Weiterbeschäftigung nicht gewünscht sein, kann der Anwalt beispielsweise eine Abfindung oder andere finanzielle Ausgleichszahlungen verhandeln.

Außerdem sorgt er dafür, dass offene Ansprüche des Arbeitnehmers – etwa Restlohn, Urlaubsabgeltung oder Überstundenvergütung – gesichert werden. Und nicht zuletzt kann er ein wohlwollendes, rechtssicheres Arbeitszeugnis durchsetzen, was Ihnen einen deutlich angenehmeren Neustart auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht.

Aus der Praxis

In einem Unternehmen wurden mehrere Mitarbeiter wegen angeblicher privater Internetnutzung fristlos gekündigt. Unsere Prüfung ergab: keine vorherigen Abmahnungen, keine klaren Richtlinien und sogar Duldung der privaten Internetnutzung durch Vorgesetzte. Kurzum: der Arbeitgeber hat nur einen Grund gesucht, um einige Mitarbeiter loszuwerden. Unseren Mandanten haben wir empfohlen, hiergegen sofort Kündigungsschutzklage zu erheben. Es stellte sich schnell heraus, dass die Kündigungen unwirksam sind, sodass wir für unsere Mandanten teilweise die Weiterbeschäftigung, für andere Mandanten die Zahlungeiner hohen Abfindung verhandeln konnten.

Außerordentliche Kündigung vs. andere Kündigungsformen

KriteriumAußerordentliche KündigungOrdentliche KündigungBetriebsbedingte KündigungPersonenbedingte KündigungVerhaltensbedingte Kündigung
Kündigungsfrist Keine (sofortige Wirkung) Gesetzliche/tarifliche/vertragliche Frist Wie ordentliche Kündigung Wie ordentliche Kündigung Wie ordentliche Kündigung
Voraussetzungen „Wichtiger Grund“, Unzumutbarkeit Kein besonderer Grund nötig (außer KSchG) Dringende betriebliche Erfordernisse Gründe in der Person des Arbeitnehmers Pflichtverletzung des Arbeitnehmers
Abmahnung nötig? Nur bei steuerbarem Verhalten Nein Nein Nein In der Regel ja
Frist zur Kündigung Zwei Wochen ab Kenntnis des Grundes Laut Vertrag/Gesetz Wie ordentliche Kündigung Wie ordentliche Kündigung Wie ordentliche Kündigung
Beispiele Diebstahl, Betrug, Tätlichkeit, massive Beleidigung Jederzeit ohne Grund (bei Fristeinhaltung) Auftragsrückgang, Standortschließung Krankheit, Entzug der Arbeitserlaubnis Arbeitsverweigerung, wiederholtes Zuspätkommen
Sperrzeit Arbeitslosengeld In der Regel ja Nein Nein Nein Möglich, wenn Eigenverschulden
Abfindung Kein Anspruch, Ausnahme Einzelfall Kein Anspruch Häufig bei Sozialplan/Einigung Möglich bei Einigung Möglich bei Einigung