Was ist schwere Körperverletzung?
Bei der schweren Körperverletzung nach § 226 StGB handelt es sich um einen der schwerwiegendsten Vorwürfe im Bereich der Körperverletzungsdelikte, was sich auch im Strafmaß widerspiegelt. In diesem Beitrag erfahren Sie alles von „Was ist eine schwere Körperverletzung?“ über mögliche Rechtsfolgen bis hin zu Verteidigungsstrategien und Fehlern, die es im Ernstfall zu vermeiden gilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Schwere Körperverletzung führt zu besonders gravierenden gesundheitlichen Folgen (z. Verlust von Sinnesorganen oder dauerhafte Entstellung) und wird gemäß § 226 StGB mit 1 bis 10 Jahren Freiheitsstrafe geahndet – selbst wenn der Täter die schwere Folge nur fahrlässig verursacht hat.
- Die schwere Körperverletzung ist ein Offizialdelikt – das heißt, die Staatsanwaltschaft ermittelt automatisch, auch ohne Strafantrag des Opfers. Schon ein Anfangsverdacht genügt für Ermittlungen.
- Im Falle einer Anzeige unbedingt schweigen und Anwalt für Strafrecht beauftragen – Aussagen ohne anwaltliche Beratung, Fristversäumnisse oder Kontakt zum mutmaßlichen Opfer können sich nachteilig auswirken und das Strafmaß erhöhen.
Inhaltsverzeichnis
- Anzeige wegen schwerer Körperverletzung erhalten – was tun?
- Was ist eine schwere Körperverletzung?
- Was sind Voraussetzungen für schwere Körperverletzung nach § 226 StGB?
- Welche rechtlichen Folgen hat eine schwere Körperverletzung?
- Schwere Körperverletzung: Strafantrag oder Offizialdelikt?
- Was kann ein Anwalt bei schwerer Körperverletzung tun?
- Schwere Körperverletzung vs. andere Körperverletzungsformen
Anzeige wegen schwerer Körperverletzung erhalten – was tun?
Eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung zieht in der Regel lebensverändernde Konsequenzen nach sich. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Vermeiden Sie die folgenden vier Fehler für bestmögliche Schadensbegrenzung:
- Aussage ohne anwaltliche Beratung
Jede Aussage, die Sie in dieser Situation gegenüber Ermittlungsbehörden tätigen, kann zu strafrechtlichen Nachteilen führen. Machen Sie in Abwesenheit Ihres Anwalts von Ihrem Schweigerecht Gebrauch. - Verzicht auf qualifizierten Strafverteidiger
Ein erfahrener Anwalt für Strafrecht kann sich Einsicht in die Ermittlungsakte verschaffen und basierend darauf eine Verteidigungsstrategie entwickeln. Ohne einen spezialisierten Strafverteidiger ist die Wahrscheinlichkeit von negativen strafrechtlichen Konsequenzen ungleich höher. - Fristen versäumen
Anhörungen, Vorladungen oder gerichtliche Schreiben sind in der Regel mit einer Frist versehen. Lassen Sie solche Fristen auf keinen Fall verstreichen, um Ihre Ausgangslage nicht weiter zu verschlechtern. - Kontakt mit dem mutmaßlichen Opfer aufnehmen
Unterlassen Sie jeden Versuch der Kontaktaufnahme mit dem mutmaßlichen Opfer. Dies kann Ihnen zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden und sich strafverschärfend auswirken.
Was ist eine schwere Körperverletzung?
Die schwere Körperverletzung ist in § 226 StGB geregelt. Voraussetzung für diesen Straftatbestand ist das Vorliegen einer vorsätzlichen Körperverletzung. Diese muss zudem schwerwiegende gesundhe2itliche Folgen für das Opfer nach sich gezogen haben. Eine solche schwerwiegende gesundheitliche Folge ist beispielsweise
- der Verlust des Sehvermögens, des Gehörs, des Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit
- der Verlust oder die dauerhafte Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Glieds
- eine Dauerhafte Entstellung, Lähmung oder geistige Krankheit
Beispiele:
- Ein Faustschlag führt zu einem bleibenden Sehverlust auf einem Auge. Trotz einfacher Gewaltanwendung liegt eine schwere Körperverletzung vor, weil die Folge gravierend ist.
- Ein Täter tritt einem Opfer mehrfach mit voller Wucht gegen das Bein, wodurch der Oberschenkelknochen so schwer bricht, dass das Bein dauerhaft versteift bleibt. Da es sich um die dauerhafte Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Gliedes handelt, ist der Straftatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt.
- Nach einem Angriff mit einem Glas zerreißen tiefe Schnittwunden dauerhaft das Gesicht des Opfers, sodass es entstellt bleibt. Eine dauerhafte erhebliche Entstellung im Gesicht und damit schwere Kö
Was sind Voraussetzungen für schwere Körperverletzung nach § 226 StGB?
Nicht jede Körperverletzung ist eine schwere Körperverletzung. Für eine schwere Körperverletzung im strafrechtlichen Sinne müssen folgende Punkte erfüllt sein:
- Grundtatbestand: Es muss sich mindestens um eine vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB handeln.
- Schwerwiegende Folge: Die Tat muss eine der in § 226 StGB genannten schweren Verletzungsfolgen nach sich gezogen haben.
- Kausalität: Die Körperverletzung muss ursächlich für die schwere Folge sein.
Wichtig: Der Täter muss die schwere Folge der Körperverletzung nicht gewollt haben. Für den Straftatbestand der schweren Körperverletzung ist es ausreichend, wenn er die schwere Folge im Zuge der Körperverletzung fahrlässig verursacht hat.
Welche rechtlichen Folgen hat eine schwere Körperverletzung?
In § 226 StGB ist geregelt, dass die schwere Körperverletzung eine Freiheitsstrafe nach sich zieht. Der Strafrahmen bewegt sich zwischen einem und 10 Jahren Freiheitsstrafe.
Wie hoch die Strafe ausfällt ist von folgenden Faktoren anhängig:
- Art und Ausmaß der Verletzung
- Verhalten des Täters (z. B. Nachtatverhalten, Hilfeleistung)
- Vorstrafen des Täters
- Einsicht oder Reue des Täters
Schwere Körperverletzung: Strafantrag oder Offizialdelikt?
Im Gegensatz zur vorsätzlichen Körperverletzung und zur fahrlässigen Körperverletzung handelt es sich bei der schweren Körperverletzung um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das heißt: Die Strafverfolgungsbehörden nehmen ihre Arbeit auf, auch wenn das Opfer keinen Strafantrag stellt. Die Strafverfolgung erfolgt automatisch durch die Staatsanwaltschaft, die Polizei ermittelt schon bei Anfangsverdacht.
Was kann ein Anwalt bei schwerer Körperverletzung tun?
Wer die möglichen Rechtsfolgen einer Anzeige wegen schwerer Körperverletzung vermeiden oder zumindest abmildern möchte, der braucht einen erfahrenen Strafverteidiger an seiner Seite. Dieser kann im Rahmen der Vorwürfe folgende Umstände prüfen:
- Lag wirklich eine schwere Folge im Sinne des § 226 StGB vor?
- War die Folge wirklich vorhersehbar oder gar vermeidbar?
- Trifft den Beschuldigten wirklich die volle Schuld oder lag ein Mitverschulden des Opfers vor?
- Lässt sich die schwere Folge auf einen anderen Umstand zurückführen?
Auf diesem Wege lässt sich möglicherweise eine Strafmilderung oder im besten Falle eine Einstellung des Verfahrens erreichen.
Schwere Körperverletzung vs. andere Körperverletzungsformen
Delikt | Merkmale | Strafmaß |
---|---|---|
Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) | Ohne Vorsatz, durch Nachlässigkeit | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 StGB) | Körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung mit Vorsatz | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) | Durch gefährliche Mittel oder gemeinschaftlich | Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahre |
Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) | Führt zu gravierenden Folgen (z. B. Verlust eines Sinnesorgans) | Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren |
Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) | Opfer stirbt infolge der Verletzung | Freiheitsstrafe von 3 bis 15 Jahren |