Aufatmen bei Eigenkündigung: virtuelle Optionsrechte verfallen nicht mehr!
Aufatmen bei Eigenkündigung: virtuelle Optionsrechte verfallen nicht mehr!
Am 19.3.2025 hat das Bundesarbeitsgericht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2025 – 10 AZR 67/24; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 7. Februar 2024 – 5 Sa 98/23) entschieden, dass virtuelle Optionsrechte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung nicht wie bisher verfallen, solange gewisse Voraussetzungen gegeben sind. Hiervon sind die ab der oberen Führungsebene in Unternehmen häufig verwendeten ESOP-Programme (Employee Stock Option Programs) betroffen.
Sachverhalt:
Die Führungskraft erhält ein Angebot über virtuelle Optionsrechte, wobei die Zuteilung durch Angebotsannahme erfolgt und die Ausübung der virtuellen Optionen mit Eintritt eines sog. Ausübungsereignisses möglich ist. Hier kommen regelmäßig ein IPO (Börsengang) oder der Ablauf einer Vesting-Periode in Betracht. Während dieses Zeitraums (Periode) können vom Arbeitnehmer die Optionsrechte zeitlich gestaffelt eingelöst werden.
Solche Programme dienen der langfristigen Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen. Kündigt der Mitarbeiter selbst das Arbeitsverhältnis (Eigenkündigung), obwohl die gevesteten Optionen von ihm noch nicht ausgeübt wurden, verfallen die virtuellen Optionen bisher regelmäßig nach den Regelungen des ESOP-Programms.
Häufig und auch im entschiedenen Fall sah das Programm zudem vor, dass die Optionen nach Beendigung des Arbeitsvertrages doppelt so schnell verfallen, wie sie innerhalb der Vesting-Periode entstanden sind.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
Das BAG hat Mitte März 2025 entschieden, dass solche Verfallklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam sind, weil sie den Arbeitnehmer als Vertragspartei unangemessen benachteiligen. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung erfolgte.
Nach der Begründung des BAG stellen die virtuellen Optionsrechte eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Führungskraft während der Periode dar: in synallagmatischem Zusammenhang hat der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung in diesem Zeitraum gerade auch deshalb erbracht, um die Optionsrechte zu erhalten. Wird dem Arbeitnehmer durch den Eintritt des Verfallereignisses das in der Vergangenheit Verdiente wieder genommen, so ist dies nach dem Urteil des BAG nicht gerechtfertigt. Dem Gedanken weiter folgend würde eine wirksame Verfallklauseln den Arbeitnehmer davon abhalten, dass Arbeitsverhältnis zu kündigen, obwohl er seinen Teil des Austauschverhältnisses bereits erbracht hat. Ein solcher Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufswahlfreiheit und Berufsausübungsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz ist nicht gerechtfertigt. Aus denselben Überlegungen heraus ist eine Klausel unwirksam, die den doppelt so schnellen Verfall des Optionsrechts im Vergleich zu seinem Entstehungszeitraum vorsieht.
Handlungsempfehlung aus der Praxis:
Bronhofer & Partner hat bereits 2016 mit der Argumentation der Vorgänger-Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum hiesigen Urteil einen Münchner DAX-Konzern in einer ähnlich gelagerten Konstellation in einem langwierigen Prozess zum Einlenken bewegt. Seitdem beraten und vertreten wir in diesem Teilbereich des Individualarbeitsrecht Führungskräfte und oberste Führungskräfte bundesweit.
Grundsätzlich kann auf diese Weise entgangener Lohn auch rückwirkend vom früheren Arbeitgeber gefordert werden. Grundsätzlich gilt die allgemeine 3-jährige Verjährungsfrist. Beispiel: war das Arbeitsverhältnis im Jahr 2022 beendet, kann unser Mandant seine Ansprüche noch bis Ende 2025 geltend machen.
Beinhaltete jedoch der beendete Arbeitsvertrag eine wirksame Ausschlussklausel, so gilt der dortige Zeitrahmen von zumeist 3 Monaten. Cave!
Noch mehr Vorsicht ist beim Abschluss von Aufhebungsverträgen oder Abwicklungsvertrages geboten: stimmt man dort einem Verzicht zu, kann man sich nicht auf das neue Urteil des BAG berufen.
Kommen unsere Mandanten zu der Einschätzung, dass ihr Anspruch besteht, sollte er schriftlich und unverzüglich beim früheren Arbeitgeber unter angemessener Fristsetzung angemeldet werden. Läuft die Frist ergebnislos ab, raten wir unseren Klienten regelmäßig, sofort Klage zum zuständigen Arbeitsgericht zu erheben.
Kommt das verklagte Unternehmen nach Prüfung der Leistungsklage zu dem Schluss, dass der Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Lichte der neuen Rechtsschwächung des BAG besteht, so ist es regelmäßig bemüht, eine stille Lösung zu finden, um jegliche (Gerichts-) Aufmerksamkeit zu vermeiden. Signalwirkungen in die Belegschaft oder den Kreis der Alumni soll vermieden werden.
Besteht eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht, so deckt diese unsere Kosten. Lediglich in Ausnahmefällen vereinbaren wir eine gesonderte Vergütung.
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