Aktienoptionen im Arbeitsverhältnis – Was Arbeitnehmer wissen müssen
Aktienoptionen können ein lukrativer Bestandteil der Vergütung sein – bergen aber erhebliche rechtliche Risiken.
 Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass sie unter Umständen einen einklagbaren Anspruch auf diese Vergütungskomponente haben – auch nach einer Kündigung oder einem Arbeitgeberwechsel.
Das Wichtigste in Kürze
- Anspruchsgrundlage: Aktienoptionen beruhen meist auf einem Arbeitsvertrag, einem gesonderten Optionsvertrag oder einem Aktienoptionsplan.
- Vergütungscharakter: Vom Arbeitgeber gewährte Aktienoptionen gelten als Arbeitsentgelt (§ 107 GewO) und unterliegen damit den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften.
- Unwirksame Verfallklauseln: Regelungen, wonach Optionen bei Eigenkündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort verfallen, sind regelmäßig unwirksam (§ 307 BGB).
- Abfindung und Wettbewerbsverbot: Erdiente Aktienoptionen können bei Abfindungen oder Karenzentschädigungen wertsteigernd berücksichtigt werden.
- Anwaltstipp: Vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags oder beim Ausscheiden aus dem Unternehmen sollten Arbeitnehmer ihre Optionen anwaltlich prüfen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Ausgangslage: Was sind Aktienoptionen?
- Rechtliche Bewertung
- Handlungsempfehlung aus der Praxis
- Expertentipp von Joshua Mauritz, LL.M.
- Fazit
Ausgangslage: Was sind Aktienoptionen?
Aktienoptionen räumen Arbeitnehmern das Recht ein, Aktien des Unternehmens zu einem festgelegten Preis (Basispreis) zu erwerben, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind – etwa eine Mindestbetriebszugehörigkeit („Vesting“) oder das Erreichen von Unternehmenszielen.
Solche Programme sollen Leistung und Unternehmenserfolg stärker miteinander verknüpfen.
 Juristisch handelt es sich dabei aber nicht um bloße „Bonuszahlungen“, sondern um komplexe Vergütungsbestandteile, die neben dem Aktienrecht auch arbeitsrechtliche und steuerliche Fragen aufwerfen.
Besonders relevant ist die Abgrenzung zwischen echter und virtueller Aktienoption (Phantom Stock). Während echte Optionen den Erwerb von Aktien ermöglichen, begründen virtuelle Optionen lediglich einen Geldanspruch, der sich nach der Wertsteigerung einer fiktiven Aktie richtet.
Rechtliche Bewertung
1. Anspruchsgrundlage und Gleichbehandlung
Aktienoptionen können sich ergeben aus:
- dem Arbeitsvertrag,
- einem Optionsvertrag oder
- einem Betriebs- oder Konzernprogramm.
Fehlt eine ausdrückliche Zusage, kann sich ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, wenn vergleichbare Arbeitnehmer Aktienoptionen erhalten haben.
 Wichtig: Auch eine wiederholte jährliche Gewährung kann als Gesamtzusage gelten.
2. Aktienoptionen als Arbeitsentgelt (§ 107 GewO)
Vom Arbeitgeber gewährte Aktienoptionen sind Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vergütung.
 Sie gelten damit als Arbeitsentgelt im Sinne von § 107 Abs. 2 GewO und unterliegen den entsprechenden Schutzvorschriften.
 Wird ein erheblicher Teil des Gehalts in spekulativer Form (z. B. Aktienoptionen) gezahlt, kann dies unzulässig sein – der Barvergütungsanteil muss überwiegen.
3. Verfall- und Bindungsklauseln (§§ 305 ff., 307 BGB)
Klauseln, die den sofortigen Verfall von bereits erdienten Optionen bei Eigenkündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehen, sind unangemessen und regelmäßig unwirksam.
 Erdiente („gevestete“) Optionen stellen eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit dar und dürfen nicht ersatzlos entfallen.
 Zulässig sind dagegen Regelungen, die eine Wartefrist (z. B. vier Jahre nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG) oder eine Haltefrist nach Ausübung vorsehen – sofern diese verhältnismäßig ist.
4. Betriebsübergang und Konzernprogramme (§ 613a BGB)
Bei einem Betriebsübergang gehen Optionsansprüche nur über, wenn sie vom Arbeitgeber selbst gewährt wurden.
 Werden die Aktienoptionen durch die Konzernmutter oder einen Dritten gewährt, verbleiben sie beim ursprünglichen Gewährer.
 In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer einen wertgleichen Ersatzanspruch (§ 313 BGB) geltend machen.
5. Abfindung und Karenzentschädigung (§§ 74 ff. HGB)
Nach aktueller Rechtsprechung des BAG sind virtuelle Aktienoptionen bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen, wenn sie während des Arbeitsverhältnisses erdient wurden.
 Bei Abfindungen gilt: Nur bereits gevestete Optionen werden regelmäßig in die Berechnung einbezogen.
Handlungsempfehlung aus der Praxis
- Verträge prüfen: Lassen Sie Arbeitsvertrag, Aktienoptionsplan und sonstige Vereinbarungen durch einen Fachanwalt prüfen.
- Dokumentation sichern: Bewahren Sie Zusagen, E-Mails oder HR-Präsentationen auf – sie können im Streitfall entscheidend sein.
- Verfallklauseln anfechten: Unklare oder unangemessen benachteiligende Klauseln sind häufig unwirksam.
- Ausscheiden strategisch planen: Prüfen Sie vor einer Kündigung oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags, ob und wann Optionen ausgeübt werden können.
Expertentipp von Joshua Mauritz, LL.M.
In der Praxis zeigt sich immer wieder: Viele Arbeitgeber berufen sich zu Unrecht auf angebliche Verfallsregeln.
 Wenn Aktienoptionen bereits „gevestet“ sind, also durch Ihre Arbeitsleistung verdient wurden, dürfen sie nicht einfach verfallen.
 Ich empfehle, jede Optionsvereinbarung vor einer Beendigung oder Vertragsänderung prüfen zu lassen.
 In vielen Fällen lässt sich der Wert der Optionen im Rahmen von Abwicklungs- oder Abfindungsverhandlungen sichern oder sogar verdoppeln.
Fazit
Aktienoptionen sind ein wertvoller Bestandteil moderner Vergütungssysteme – aber auch juristisch anspruchsvoll.
 Sie sind Teil der Vergütung, unterliegen der AGB-Kontrolle und können erhebliche wirtschaftliche Ansprüche begründen.
Wer den Überblick über seine Rechte behalten möchte, sollte frühzeitig rechtlichen Rat einholen.
 
